Die Welt als Widersacherin des Guten

Zur Arbeit von Gabriela Volanti

Die Notwendigkeit eines Kunstwerkes ist mit der Neigung des Künstlers verknüpft und kann mit der Zuneigung und Anschauung des Betrachters synthetisch sein. Das Sehen ist ein gedanklicher und geistiger Akt. Dieser spielt sich im Schaffenden gleich ab wie im bloßen Betrachten. Wenn das Werk das Moment der Kontemplation integriert, ist es wiederum für die Kontemplation freigegeben, und der Betrachter »kann sich ans Werk machen«. So könnte sich ein moralischer Fortschritt durchsetzen. Kein dialektischer Prozess, sondern eine ethische Erfahrung, die den Menschen ausruhen lässt.

Intensives, aktives Schauen bewegt zum Gestalten eines Dings, das wiederum genau das zum Ziel hat, danach drängelt, angeschaut zu werden. Motor dieser Zirkelbewegung ist die Notwendigkeit. Nichts Neues also, lediglich die Zusicherung der Gabe des menschlichen Sehens als eine schöpferische Tat.

In vergangenen Ausstellungen mit dem Titel »Die Welt als Widersacherin des Guten« hat Gabriela Volanti eine Art Manifest aufgestellt:

»…und damit rechne ich die Zeichnung in einer Menge auftretend zum anfechtbaren Werk im Vergleich zur Brisanz eines einzelnen Blattes, denn es ist leider nur zu wahr, daß die einzelne Zeichnung von Natur aus notwendig und geglückt ist, die Menge jedoch (und das einzelne Blatt in ihr) einer geglückten Auswahl widersprechen kann und damit (als Ganzes) ihre Notwendigkeit verloren hat.«

Mit dieser Aussage referiert Gabriela Volanti auf einen Text aus Giacomo Leopardis Zibaldone 112, in dem dieser das Verhältnis zwischen Individuum und Gesellschaft untersucht. Sie ist gewissermaßen »parallel« an dem historischen Text entlang geschrieben.

»…und damit rechnete er die Menschen als Menge zu den Hauptfeinden des einzelnen Menschen, denn es ist leider nur zu wahr, daß der einzelne von Natur aus gut und glücklich, die Menge jedoch (und der einzelne in ihr) böse und unglücklich ist.«